Dicke Brocken auf dem Weg zur Klimaneutralität
Deutschland soll bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden. Deshalb hat die regierende Ampelkoalition die Klimaziele noch einmal nachgeschärft:
- Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch auf 65% bis zum Jahr 2030.
- Senkung der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 55% gegenüber 1990.
- Senkung des Primärenergieverbrauchs bis zum Jahr 2050 um 50% gegenüber 2008.
Aber Ziele sind das eine, deren Umsetzung das andere. Auf dem Weg zur Klimaneutralität liegen jedenfalls noch dicke Brocken. Zum Beispiel ist die Speicherung von Grünstrom immer noch nicht befriedigend gelöst. Außerdem sind weite Teile der Industrie auf Prozesswärme angewiesen, die zumeist noch fossil erzeugt wird. Hier sind neben der elektrischen Erzeugung von Prozesswärme (Power-to-Heat) weitere klimafreundliche Alternativen der Wärmeerzeugung notwendig.
Grüner Wasserstoff ermöglicht Klimaneutralität
An dieser Stelle kommt grüner Wasserstoff ins Spiel. Er wird auf Basis von Grünstrom durch Elektrolyse erzeugt (Power-to-Gas) und ermöglicht auf diese Weise die Speicherung insbesondere von erneuerbar erzeugtem Überschussstrom.
Außerdem ist er eine saubere Alternative zur Verbrennung von fossilen Energieträgern, wenn es in der Industrie um die Erzeugung von Prozesswärme geht. Denn bei der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff entsteht lediglich Wasser.
Deutschland ist aber noch sehr weit von einer breiteren Nutzung von Wasserstoff als Energieträger usw. entfernt. Es fehlt an Absatzmöglichkeiten und Produktionskapazitäten, aber auch an der notwendigen Transport- und Verteilinfrastruktur.
Was bedeuten übrigens die Farben beim Wasserstoff?
- Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser hergestellt, für die ausschließlich Grünstrom zum Einsatz kommt.
- Grauer Wasserstoff wird durch die Dampfreformierung fossiler Brennstoffe wie Erdgas, Kohle oder Öl erzeugt.
- Beim blauen Wasserstoff wird die Herstellung mit CCS-Verfahren (Carbon capture and storage) kombiniert.
- Türkiser Wasserstoff ist Wasserstoff, der mittels Methanpyrolyse hergestellt wird.
- Es gibt weitere Farben, durch die differenziert wird, aus welchen Quellen der Strom für die Elektrolyse stammt (z.B. Kernenergie).
Deutschland hat eine Nationale Wasserstoffstrategie
Das will die Bundesregierung mit der Nationalen Wasserstoffstrategie ändern (die EU hat auch eine H2-Strategie). Sie soll die Voraussetzungen für eine forcierte Nutzung von Wasserstoff in Deutschland schaffen.
Fördermittel sollen dabei helfen, die Strategie umzusetzen. Deshalb hat die Bundesregierung entsprechende neue Förderprogramme aufgelegt. Aber auch bewährte Programme können bei der Finanzierung von Wasserstoffprojekten helfen.
Wasserstoff in Deutschland im Markthochlauf
Am ehesten befindet sich Wasserstoff in Deutschland in der Phase des Markthochlaufs oder kurz davor. Deshalb konzentriert sich die Förderung momentan auf Forschung und Entwicklung sowie auf Pilotanlagen und Demonstration.
Mit Demonstration ist die erstmalige Anwendung neuartiger Technik in einem größeren Maßstab gemeint. Damit soll unter anderem bewiesen werden, dass die Technik auch im Regelbetrieb funktioniert und deshalb erfolgreich repliziert werden kann.
Es ist aber anzunehmen, dass mit der zunehmenden Marktverfügbarkeit von Wasserstoff-Technik auch die Zahl der Fördermöglichkeiten wachsen. Immerhin wird Wasserstoff in der Energieeffizienzförderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz schon als Energieträger anerkannt. Dazu unten mehr.
Förderung für Forschung, Entwicklung und Innovation
Forschungs- und Entwicklungsbedarf gibt es in Sachen Wasserstoff noch genug. In der Herstellung, bei der Speicherung und Verteilung, bei der Anwendung usw.
Teilweise ist noch Grundlagenforschung notwendig, teilweise sind Techniken (bspw. Elektrolyseure) aber auch schon so verlässlich, dass sie für die industrielle Anwendung usw. hochskaliert werden können. Unternehmen, die hier ansetzen wollen, mangelt es nicht an Fördermöglichkeiten.
Für sehr innovative und/oder große Projekte kommt zum Beispiel das 7. Energieforschungsprogramm in Frage, an dem sowohl das Bundesforschungsministerium als auch das Bundeswirtschaftsministerium beteiligt sind. Grundlagenforschung in Sachen Wasserstoff wird dabei vom BMBF gefördert. Das BMWK unterstützt anwendungsnähere Forschungsarbeiten. Und zwar zu den folgenden Schwerpunkten:
- Entwicklung innovativer Technologien zur Wasserstofferzeugung
- Fertigungstechnologien für Komponenten und Systeme zur Wasserstofferzeugung
- (Langzeit-)Speicherung von Wasserstoff
- Handhabung und Nutzung von Wasserstoff
- Validierung von Erzeugungs-, Speicher-, Transport- und Anwendungstechnologien
Wenn es um Forschung und Entwicklung zu Wasserstoff im Verkehrssektor geht, kommt das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie NIP in Frage. Die Säule Forschung, Entwicklung, Innovation des NIP zielt auf Maßnahmen der Demonstration, Innovation und Marktvorbereitung.
Unternehmen aus dem Mittelstand mit marktnäheren und/oder kleineren H2-Projekten, liegt vielleicht eher das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand ZIM. Es ist themen- und branchenoffen und von der Antragstellung weniger aufwändig als das 7. Energieforschungsprogramm.
Förderung für Pilotanlagen und Demonstrationsprojekte
Bei der Demonstration von H2-Technologien setzt der Bund im Moment auf große bis sehr große Projekte. Aus dem Ideenwettbewerb Wasserstoffrepublik Deutschland sind drei Leitprojekte hervorgegangen, die jetzt in der Umsetzung sind:
- H2Giga
- H2MARE
- TRANSHYDE
Während die Suche nach Leitprojekten über den Ideenwettbewerb abgeschlossen ist, bieten die Reallabore der Energiewende und HyLand weiterhin die Chance, für die Erprobung von H2-Technologien und -Konzepten Förderung vom Bund zu bekommen. Bei HyLand zum Schwerpunkt Mobilität.
Die Reallabore sind Teil des bereits oben beschriebenen 7. Energieforschungsprogrammes, HyLand ist Teil des NIP.
Auf europäischer Ebene ist übrigens der Innovation Fund eine Fördermöglichkeit für Pilotanlagen und Demonstrationsprojekte. Da sich dieser Artikel aber auf die deutsche Förderkulisse konzentriert, wird hier nicht näher darauf eingegangen.
Förderkulisse im Übergang zur Investitionsförderung
Je mehr Wasserstofftechnologien zum Stand-der-Technik werden und off-the-shelf angeschafft werden können, desto mehr Förderprogramme wird es geben, bei denen die Neuartigkeit der eingesetzten Technik keine Förderbedingung mehr ist.
Neuerdings wird Wasserstoff bereits im Programm Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft als Energieträger geführt. Über dieses Programm, das es in den Fördervarianten
- Zuschuss und
- Wettbewerb
gibt, werden Projekte gefördert, durch die Maschinen, Anlagen und Prozesse in Industrie und Gewerbe energie- und/oder ressourceneffizienter werden.
Projekte, die Wasserstofftechnologien einbeziehen, können jetzt prinzipiell über das EEW gefördert werden. Auf der Programmwebseite zum Wettbewerb Energieeffizienz wurde bereits ein entsprechendes Projektbeispiel veröffentlicht.
Für die Förderung von Investitionen in Fahrzeuge und in die für deren Betrieb notwendige Infrastruktur (z.B. Tankstellen), kommt das oben bereit erwähnte NIP (Säule Marktaktivierung) ins Spiel. Im Rahmen des NIP werden regelmäßig Förderbekanntmachungen veröffentlicht. Dann können Zuschüsse für die Anschaffung von Straßenfahrzeugen (PKW in Flotten, Busse, LKW), Fahrzeugen für die Intralogistik, Schienenfahrzeugen, Infrastruktur usw. beantragt werden.