Die Forschungszulage ist die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung
Anfang des Jahres 2020 hat das Bundesfinanzministerium die Forschungszulage gestartet, die Unternehmen und Startups für ihre FuE-Projekte bekommen können.
Während diese steuerliche Form der Forschungsförderung in vielen Industriestaaten gang und gäbe ist (siehe WBSO in den Niederlanden), unterstützt Deutschland innovative Unternehmen vorrangig über Förderprogramme wie zum Beispiel dem ZIM. Hier können Unternehmen Förderanträge stellen, um vom Bund oder den Ländern nicht-rückzahlbare Zuschüsse für ihre FuE-Projekte zu erhalten.
Nichtsdestotrotz hat die Wirtschaft jahrelang gefordert, auch in Deutschland eine steuerliche Forschungsförderung einzuführen. Dieser Forderung wurde mit Start der Forschungszulage schließlich vor zwei Jahren von der Bundesregierung stattgegeben. Und zwar in typisch deutscher Manier: Die Forschungszulage ersetzt die oben angesprochenen klassischen Förderprogramme nicht, sondern sie wurde als paralleles Förderinstrument installiert.
In Deutschland gibt es aktuell deshalb ein duales Fördersystem für Forschung und Entwicklung, bestehend aus den zwei Säulen
- Förderprogramme und
- Forschungszulage.
Das ist erst einmal kein Schaden, stellt Unternehmen aber immerhin vor die Wahl, sich für das ein oder andere Förderinstrument zu entscheiden. Denn ein Projekt kann nicht über beide Instrumente gleichzeitig gefördert werden.
Vorteile und Nachteile der Forschungszulage
Dies führt wiederum zu der Frage, was die Vor- und Nachteile der Forschungszulage sind.
Die Forschungszulage kann nachträglich beantragt werden
Der größte Vorteil der Forschungszulage ist wahrscheinlich, dass sie auch nachträglich beantragt werden kann. Das ist auch ihr Hauptunterscheidungsmerkmal zu den klassischen Förderprogrammen. Bei denen muss nämlich vor Projektstart ein Förderantrag gestellt werden.
Demgegenüber ist es bei der Forschungszulage unerheblich, ob der Antrag auf Bescheinigung, das ist die erste Verfahrensstufe,
- vor dem Projektstart,
- während des laufenden Projektes oder auch
- danach gestellt wird.
Dadurch entkoppelt die Forschungszulage die bisher in Deutschland bestehende Verbindung zwischen Förderantrag und Projektstart und gewährt innovativen Unternehmen in dieser Hinsicht einen höheren Freiheitsgrad.
Und es besteht die Chance, auch noch Förderung für Projekte zu bekommen, für die man, aus welchem Grund auch immer, bisher keine Förderung beantragt hat.
Klassische Förderprogramme können lukrativer sein als die Forschungszulage
Diese Flexibilität hat allerdings ihren Preis, womit wir beim wahrscheinlich größten Nachteil der Forschungszulage sind: In der Regel gibt es über klassische Förderprogramme mehr Förderung.
Dies ist zunächst einfach darin begründet, dass die Forschungszulage nur eine Höhe von 25% auf die zulagenfähigen Kosten hat. Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können bei klassischen Förderprogrammen mit einem höheren Fördersatz rechnen.
Außerdem sind bei der Forschungszulage nur die Personalkosten (zu 100%) im Rahmen eines Projektes zulagenfähig sowie die Kosten für FuE-Aufträge an Dritte. Diese allerdings nur zu 60%.
Nicht zulagenfähig sind hingegen sonstige Kosten, also zum Beispiel die Materialkosten für einen Prototypen. Das ist zwar weniger relevant für Branchen, bei denen sowieso die Personalkosten absolut im Vordergrund stehen (IKT usw.), für Branchen mit hohen Materialkosten verliert die Forschungszulage dadurch allerdings an Attraktivität.
Die Forschungszulage ist eine Breitenförderung
Ein Vorteil der Forschungszulage ist wiederum, dass sie als Breitenförderung ausgelegt ist. Sie soll den Investitionsstandort Deutschland stärken und die Forschungsaktivitäten insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen anregen.
Deshalb können unserer Erfahrungen nach auch Projekte von der steuerlichen Forschungsförderung profitieren, die über klassische Förderprogramme eher nicht zum Zuge kämen.
Selbstverständlich müssen Projekte für die Forschungszulage trotzdem die Kriterien
- Neuartigkeit
- Risiko / Unwägbarkeit
- Planmäßigkeit
erfüllen. Diese Kriterien werden von der Bescheinigungsstelle schließlich auch abgeprüft. Gleichwohl sind die Ansprüche an die Innovationshöhe eines Projektes eher nicht so ausgeprägt wie zum Beispiel beim ZIM oder erst recht bei KMU-innovativ.
Die Chancen stehen also nicht schlecht. Das sollte Unternehmen und Startups, die bisher keine Förderung für ihre Innovationsleistung bekommen haben, dazu ermutigen, es einmal mit der Forschungszulage zu probieren.
Kleiner oder großer Aufwand mit der Forschungszulage?
Und wie sieht es mit dem Aufwand aus, die Forschungszulage zu bekommen? Wir als professionelle Fördermittelberater sehen einen deutlich geringeren Antragsaufwand als bei klassischen Innovationsförderprogrammen. Insbesondere dann, wenn man es nicht bei einem Erstantrag belässt. Deshalb lohnt sich die Antragstellung nach unserer Einschätzung auch für kleinere FuE-Projekte, für die der Antragsaufwand in einem klassischen Förderprogramm unmaßstäblich wäre.
In einer jüngst veröffentlichten Kurzbefragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages beurteilen hingegen recht viele der teilnehmenden Unternehmen das zweistufige Antragsverfahren als bürokratisch. Für 29% der teilnehmenden Unternehmen ist die Bürokratie auch der Grund dafür, weshalb sie die Forschungszulage nicht nutzen (bei KMU sind es sogar 38%). Ob diese Unternehmen sich bei der Antragstellung professionell unterstützen ließen oder nicht, ist der Kurzbefragung leider nicht zu entnehmen.
Letztendlich kommt es darauf an, wie die Unternehmen als Adressat der steuerlichen Forschungsförderung den Antragsaufwand einschätzen. Ihre Einschätzungen zur Bürokratie im Verfahren müssen ernst genommen werden, wenn die Forschungszulage häufiger beantragt werden soll. Denn bisher bleibt sie ja offensichtlich weit hinter den Erwartungen zurück.
Unser Fazit: Die Forschungszulage ist eine interessante Ergänzung der klassischen Innovationsförderprogramme
Aus unserer Sicht hat sich in zwei Jahren herauskristallisiert, dass die Forschungszulage eine interessante Ergänzung der klassischen Innovationsförderprogramme in Deutschland ist. Sie ersetzt die klassischen Förderprogramme nicht, sondern eröffnet Unternehmen und Startups zusätzliche Möglichkeiten, staatliche Unterstützung für ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zu bekommen. Das ist für beide Seiten von Vorteil. Es stärkt den Innovationsstandort Deutschland.
Interessant ist die Forschungszulage nach unserer Einschätzung insbesondere
- für bereits gestartete oder abgeschlossene Projekte,
- für kleinere Projekte (Kosten, Dauer) und
- für Projekte mit geringerer Innovationshöhe.
Unter Umständen kann die Forschungszulage auch ein Plan B für Projekte sein, deren Förderantrag in einem klassischen Förderprogramm abgelehnt worden ist. Denn die Zulage kann, wie bereits mehrfach erwähnt, auch nachträglich beantragt werden. Der Projektstart verzögert sich dadurch nicht weiter.